28.10.2025
Benjamin-Immanuel Hoff

Zivilgesellschaftliche Strategien und rechtliche Instrumente gegen rechtsextremistische Raumnahme

KI-generiertes Bild

In vielen Regionen Deutschlands erwerben rechtsextreme Akteure leerstehende Immobilien, um dort Schulungszentren, Konzertstätten oder Gemeinschaftsorte zu schaffen. Diese Strategie ist nicht neu, aber sie hat sich in den letzten Jahren verstetigt.

Zwischen 2017 und 2023 stieg die Zahl der rechtsextremistisch genutzten Immobilien von 136 auf 225 und das entspricht einem Anstieg von rund 54 Prozent innerhalb von nur sechs Jahren. Ein Großteil dieser Immobilien befindet sich in Ostdeutschland, aber es ist kein ostdeutsches Problem allein.

Über 60 Prozent dieser Immobilien lagen 2022 in den Ländern Thüringen, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern und Berlin. Besonders stark war der Anstieg in Sachsen-Anhalt, wo sich die Zahl seit 2017 vervierfacht hat.

Wenn Dorfgasthäuser, Bauernhöfe oder alte Schulen zu rechtsextremen Treffpunkten werden, dann verändern sich Nachbarschaften, soziale Beziehungen, aber auch Sicherheitsgefühle.

In meinem Podcast KUNST DER FREIHEIT sprach ich in der Sendung »Was hilft gegen rechtsextreme Immobilien und Raumnahme?« am 15. Oktober 2025 

  • mit dem Demokratie-Aktivisten Sebastian Zahn über die gesellschaftlichen Dynamiken und zivilgesellschaftliche Strategien im Kampf gegen solche rechte Raumnahme sowie
  • mit dem Rechtsanwalt Dr. Jens Vorsteher über zu schaffende Rechtsgrundlagen, um Gemeinden die Möglichkeit zu geben, dem bodenpolitischen Agieren von Rechtsextremist:innen eine demokratische Bodenrechtsordnung entgegenzusetzen.

Die beiden Interviews sind nachstehend dokumentiert. Ich danke Sebastian Zahn und Dr. Jens Vorsteher für das jeweilige Gespräch und die Erlaubnis der Dokumentation.

How to kick them out – zivilgesellschaftliche Strategien im Kampf gegen extrem rechte Immobilien

Sebastian Zahn ist Sozialwissenschaftler und stellvertretender Vorsitzender der Organisation DEMOS e.V. im rheinland-pfälzischen Westerwald. Jüngst publizierte er den Beitrag, »How to kick them out ‒ zivilgesellschaftliche Strategien im Kampf gegen extrem rechte Immobilien«. Erschienen ist er in Heft 17, der vom Institut für Demokratie und Zivilgesellschaft in Jena herausgegebenen Schriftenreihe »Wissen schaft Demokratie«. Darüber hinaus war Sebastian Zahn am erfolgreichen Engagement gegen die AfD-nahe Immobilie „Fassfabrik Hachenburg“ beteiligt.

BIHoff: In deinem Beitrag sprichst du von extrem rechten Immobilien als einem strategischen Instrument der Szene. Warum sind diese Orte für die extreme Rechte so zentral?

SZahn: Grundsätzlich stellen Immobilien für jede Organisation und für jede Organisierung eine infrastrukturelle Ressource dar. Weil dort Veranstaltungen stattfinden können, Materialien gelagert und gefertigt werden und ideell, weil die Immobilien Orte sind, in denen Gruppen gestärkt und ihre Identität herausgebildet bzw. verstärkt werden kann.
Für die extrem rechte Szene kommt noch ein weiterer Aspekt hinzu. Für sie sind Immobilien „eine Burg im Feindesland“, wie es der Neonazi Thorsten Heise, damals noch bei der NPD heute bei der Partei DIE HEIMAT, 2013 einmal ausgedrückt hat.

BIHoff: In deinem Beitrag unterscheidest du zwischen Immobilien der extremen Rechten und extremen rechten Immobilien. Das klingt zunächst nach einer semantischen Unterscheidung, hat aber einen tieferen Sinn, da du damit eine sehr konkrete unterschiedliche Funktion dieser Orte im rechten Raumkampf verbindest.

SZahn: Es ist natürlich zunächst eine definitorische Unterscheidung, die ich vornehme. Für den Erfolg von Gegenstrategien zu rechter Raumnahme ist es wichtig, diese Differenzierung und damit auch eine genaue Bestimmung vorzunehmen, womit ich es konkret zu tun habe. Im Übrigen auch im Hinblick auf Grautöne und Zwischenformen. Worum geht es also genau:
Auf der einen Seite gibt es Immobilien, die extrem rechts eingestellten Personen und Aktivisten zur Verfügung stehen, in denen sie wohnen und leben. Diese Immobilien sind aber nicht zwangsläufig aktiver Bestandteil der politischen Arbeit. Sondern es handelt sich ganz klassisch um ein Wohnhaus, ein WG-Zimmer oder ähnliches.

Auf der anderen Seite stehen die Immobilien, deren Zweck dezidiert darin besteht, die politische Arbeit, die rechtsextreme Organisierung, Agitation, Schulung zu fördern und zu stützen. Sie werden für Treffen genutzt, dort finden Konzerte und Veranstaltungen statt etc.. Diese Immobilien benenne ich dann als extrem recht Immobilien.

Aus einer soziologischen Perspektive könnte diskutiert werden, wie eine Sache, also eine Immobilie, überhaupt extrem rechts sein kann. In dem Augenblick, in dem eine Immobilie mit der politischen Intention der rechtsextremen Raumnahme überformt wird, nimmt sie diese politische Intention in meiner Argumentation an.

BIHoff: Du schreibst, dass die rechten Immobilien eine Doppelfunktion haben: Sie sind nach innen stabilisierend, nach außen manifestieren sie Besitzansprüche. Und du legst, auch durch deine Arbeit in Rheinland-Pfalz, dar, dass diese rechte Raumnahme zwar in Ostdeutschland ein bedeutsames Phänomen darstellt, aber keineswegs auf die ostdeutschen Länder beschränkt ist.

SZahn: Es ist definitiv kein ostdeutsches Problem, auch wenn natürlich die Zahlen, die in den letzten Jahren immer wieder aufgerufen wurden, gezeigt haben, dass es sehr stark im Osten stattfindet.
Doch auch hier in Rheinland-Pfalz, wo wir aktiv sind, hat es in den letzten Jahren und gibt es aktuell starke Bestrebungen verschiedener Strukturen aus dem extrem rechten Spektrum, Immobilien in Besitz zu nehmen oder zu nutzen, um Stützpunkte einzurichten.

Wenn über rechte Raumnahme gesprochen wird, steht die nach außen, in die Gesellschaft gerichtete Besitznahme im Zentrum. Die nach innen gerichtete, stabilisierende Funktion der rechten und rechtsextremen Immobilien ist jedoch mindestens genauso wichtig. Dort wird Geselligkeit gelebt, dort wird Identität gestiftet. Dort findet aber auch eine Integration von alten und jungen Szeneangehörigen statt. Die „alten Kämpfer“ kommen noch mal zum Zuge und können beim Bier erzählen, wie sie in den 1990er Jahren oder in den 2000er Jahren agiert haben. Die jungen Menschen werden so an die Szene herangeführt und bekommen dort niedrigschwellige Anleitungen für rechtsextremes Handeln. In diesem Kontext ist ein Zitat von Peter Longerich spannend, das ich in meine Arbeit habe einfließen lassen. Longerich schreibt in seiner Geschichte der Nazi-Organisation SA (Sturmabteilung) mit Bezug auf eine SA-Chronik sinngemäß davon, dass die sogenannten Sturmlokale der SA zum Träger, Bewahrer und Erneuerer des SA-Geistes wurden. Extrem rechte Immobilien sind Orte der Vergemeinschaftung und in dieser Funktion kaum zu überschätzen.

Nach außen wiederum stellen diese Immobilien einen manifestierten Anspruch auf ein Gebiet dar. Das kann ein Dorf sein, ein Straßenzug aber auch ein ganzer Kiez in einer Stadt. Von diesen Immobilien ausgehend werden dann Aktionen gestartet und nach diesen Aktionen zieht man sich auch wieder in diese Immobilien, die Burg im feindlichen Umland, zurück.
Im Umfeld der rechtsextremen Immobilien entsteht dann sowohl gewollt als auch zwangsläufig so etwas wie eine „Angstzone“, wie es Uta Döring 2008 zutreffend benannt hat. Darunter ist ein Gebiet zu verstehen, welches von Andersdenkenden, migrantisierten Personen oder Menschen, die optisch nicht in die Volksgemeinschaft passen, die sich Rechtsextreme wünschen, proaktiv meiden. Diese Personen wissen, dass die Neonazis sie vertreiben wollen, dass immer die Möglichkeit besteht, auf Neonazis zu treffen, die ihnen feindselig, körperlich oder verbal aggressiv gegenübertreten. Das wiederum führt dazu, dass diese Leute sagen, entweder ich halte mich fern von diesen Gegenden oder ich muss mich dort unkenntlich machen bzw. auf eine andere Art und Weise schützen. In jedem Fall aber ist der Zugang zu den von rechts mit Besitzanspruch belegten Räumen nicht mehr frei, es findet hier eine Art Selektionsdruck statt. Menschen werden aus diesen Gebieten vertrieben.

BIHoff: Das ist der Punkt, an dem Dr. Jens Vorsteher, im anschließenden Gespräch ansetzt, wenn er über das demokratische Bodenrecht spricht und Vorschläge macht wie Kommunen, dieser rechten Raumnahme und dem damit verbundenen Selektionsdruck aufgrund gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit entgegenwirken können, wofür es aber einer Änderung des Baugesetzbuches bedarf.

Du hast in deiner empirischen Untersuchung mit zivilgesellschaftlichen Organisationen gesprochen und Initiativen, die sich gegen rechte Immobilien und rechte Raumnahme engagieren und drei Muster identifiziert: (1) Recherche und Öffentlichkeitsarbeit, (2) Demonstrationen und Kundgebungen sowie (3) auch militante Aktionen. Letzteres führt naturgemäß zu Vorurteilen und Ablehnung. Deshalb würde mich interessieren, welche Mechanismen bei den von dir identifizierten Formen des Widerstandes gegen rechte Raumnahme wirksam sind und wo die Grenzen legitimer Gegenwehr der Zivilgesellschaft verlaufen.

SZahn: Du hast Recht, dass es wichtig ist, die drei unterschiedlichen Aktionsformen voneinander zu differenzieren, einzuordnen und auch in ihrem Umfang zu verdeutlichen. In meiner wissenschaftlichen Arbeit, in der ich mich mit zivilgesellschaftlichen Strategien gegen extrem rechte Immobilien beschäftige, verwende ich eine Strategie-Theorie, die auf die Politikwissenschaftler Joachim Raschke und Ralf Tils zurückgeht. Beide haben auch ein Standardwerk zur politischen Strategie formuliert. Sie unterscheiden zwischen Strategien und strategischen Handlungen.

Die drei unterschiedlichen Aktionsformen fallen unter strategische Handlungen. Sie werden im Alltag wahlweise kombiniert oder in verschiedenen Ausführungen zusammengesetzt, um wiederum neue strategische Muster herauszuarbeiten. Im Ergebnis identifiziere ich drei Strategietypen, in denen die drei Handlungsweisen je nachdem eine Rolle spielen können und auch verschieden kombiniert werden. Der Sinn dieser Betrachtung besteht darin, die Kalkulation hinter jedem Handlungsmuster zu analysieren. Was soll mit welcher Handlung erreicht werden – was kann mit jeder Handlung erreicht werden und wie wirkt die Handlung sowohl auf die Rechten, die man vertreiben will und die Zivilgesellschaft, die Partner im Prozess sein soll.

Recherche und Öffentlichkeitsarbeit ist eine klassisch aufklärerisch motivierte Handlungsform. Sie baut auf der Kalkulation auf, dass Menschen durch mehr Wissen auch Handlungsoptionen erfahren. Dass ihnen Handlungen nahegelegt werden und dass sie diese auch umsetzen. In diesem Sinne werden an vielen Orten rechtsextreme Verstrickungen von Parteien offengelegt mit dem Ziel, dass Menschen sagen: mit denen möchte ich nichts zu tun haben, mit denen möchte ich nicht zusammenarbeiten, weil das nicht meiner demokratischen oder antifaschistischen Grundhaltung entspricht.

Der tatsächliche Erfolg dieser Kalkulation, das ist wichtig, hängt davon ab, ob vor Ort ein Skandalisierungspotenzial besteht. Wenn ich mich in Gebieten und Orten bewege, in denen der tägliche Umgang, die nachbarschaftliche Zusammenarbeiten mit Nationalsozialist:innen, weil sie Handwerksmeister sind, in Vereinen vor Ort integriert o.ä., als normal angesehen wird, hat die aufklärerische Recherche und Öffentlichkeitsarbeit wenig bis keine Wirkung.

Möglicherweise gibt es übergeordnete Instanzen, die sich dafür interessieren, wenn strafrechtlich relevante Informationen zutage gefördert werden. Das sind dann einerseits Strafverfolgungsbehörden und andererseits Vereinsgremien oder Kommunalaufsichten – doch ohne dies wird eine Skandalisierung, egal wie aufwendig sie betrieben wird, wenig Nutzen bringen aber viel Ressourcen binden.

Die zweite strategische Handlungsform ‒ Demonstrationen ‒ erschaffen vor allen Dingen zeitlich begrenzte Räume, die die Raumnahme der extremen Rechten einschränken. Alle kennen das. Es gibt eine rechte Immobilie, dort soll eine in der rechten Szene bekannte Person wie eine Künstlerin oder ein Redner auftreten. Und dagegen findet eine Kundgebung oder Demonstration statt, organisiert von einer zivilgesellschaftlichen Gegeninitiative. Die Kalkulation bei dieser Handlung besteht darin, dass die Gäste der rechtsextremen Veranstaltung sich auf dem Weg zur rechten Immobilie nicht frei bewegen können. Sie werden im besten Fall blockiert. Darüber hinaus schafft die Gegendemo oder -kundgebung auch Räume, in denen Journalist:innen die Möglichkeit haben, Recherche und Öffentlichkeitsarbeit zu betreiben, um in den Medien über die Rechten aufzuklären.

Im besten Fall sorgt die zivilgesellschaftlich-demokratische Raumnahme auf der rechten gegnerischen Seite dafür, dass Leute, die gern zu dieser Veranstaltung gegangen wären, sich umentscheiden. Weil ihnen das unangenehm ist oder zu aufwendig, weil sie dort nicht gesehen werden wollen und nicht öffentlich wahrnehmbar in Zusammenhang gebracht werden mit den Neonazis, obwohl sie mit ihnen sympathisieren. Hier fließen also sowohl Demonstration und Recherche bzw. Öffentlichkeitsarbeit zusammen.

Der dritte Punkt ist zweifellos kontrovers und erläuterungsbedürftig: Militanz und Gewaltandrohung. Deshalb ist zunächst meine Rolle zu klären. Ich habe als Wissenschaftler Interviews geführt, um Strategien zu identifizieren. Meine Aufgabe als Wissenschaftler ist es nicht, die Legitimität von Maßnahmen zu bewerten, wenn ich deskriptiv Strategien beschreibe. Meine Aufgabe war es, zu schauen, was im Feld vorhanden ist und warum. In den 12 Interviews, die ich geführt habe, wurde Öffentlichkeits- und Recherchearbeit immer genannt, ebenso wie Demonstrationen. Militanz und Gewalt spielt demgegenüber nur in einer Minderheit der Interviews überhaupt eine Rolle als Strategie. In keinem Interview stehen und Gewalt oder Militanz als ausschließliche Strategie im Mittelpunkt.

In meiner Arbeit grenze ich Militanz zum Gewaltbegriff ab. Militanz definiere ich als klassische Handlungen gegenüber Dingen, also Sachbeschädigungen auf der einen Seite oder auf der anderen Seite als Gewalt suggerierende Handlungen. Den Gewaltbegriff entlehne ich einer gewaltsoziologischen Theorie, die davon ausgeht, dass Gewalt immer von einem Menschen gegenüber einem anderen Menschen ausgeführt wird. Das ist etwas anderes als Sachbeschädigung, die ich deshalb als Militanz beschreibe. Deswegen ist Militanz keine Gewalt an der Stelle, sondern sie deutet Gewalt an.
BIHoff: Wenn ich dich richtig verstehe, ist Militanz für dich, wenn z.B. ein Rechtsrock-Konzert stattfindet und eine Gegendemonstration führt dazu, dass das zentrale Kabel für das Konzert nicht mehr benutzbar ist, weil es durchtrennt wurde. Hierbei handelt es sich um eine Sachbeschädigung und dürfte von dir in den Bereich der Militanz eingeordnet werden. Sie unterscheidet sich aber von Gewaltdrohungen gegenüber Kommunalpolitiker:innen und deren Familien, wie sie in vielen Fällen beschrieben wurde und ein Instrument ist, das auch von rechten Immobilien und Aktivisten ausgeht.
Sie unterscheidet sich aber auch von den gewalttätigen Angriffen einschließlich Körperverletzung, gegenüber rechtsextremen Aktivisten, bei denen gegenwärtig von Ermittlungsbehörden gegenüber Angehörigen der Antifaszene ermittelt wird.

SZahn: Auch die Gewaltandrohung fällt in meiner Abgrenzung in den Bereich der Militanz. Ansonsten sind die Beispiele richtig und diese begriffliche Klarheit war mir wichtig, weil alltagssprachlich mit einem weniger differenzierten Gewaltbegriff hantiert wird.

BIHoff: Du hast selbst erfolgreich bei der Verhinderung oder Schließung einer rechten Immobilie, der sogenannten Fassfabrik Hachenburg mitgewirkt. Welche Faktoren waren dort bei euch ausschlaggebend: politisch, organisatorisch, aber auch emotional.

Vor allem interessiert mich die Einbindung des lokalen Umfeldes, denn meine Erfahrung ist, dass je kleiner der betreffende Ort ist, in dem sich rechte Immobilien befinden, umso schwieriger ist es häufig, das lokale Umfeld zu mobilisieren, weil es eine verquere Solidarisierung im Ort gibt: Wir lassen uns von denen unseren Ort nicht schlecht reden…

SZahn: Die Fassfabrik als rechtes Zentrum bestand von 2019 bis 2024. Wir haben sehr früh gegen die rechte Raumnahme mobil gemacht. Uns war wichtig, sowohl gegen die Betreiber:innen dieser Immobilie vorzugehen im Sinne einer destruktiven Zielogik. Destruktiv meint in diesem Kontext: Demobilisierung auf Seiten der Rechten. Wir wollten die Rechten möglichst effektiv in ihrem Handeln behindern, um deren politischen und tatsächlichen Kosten in die Höhe zu treiben. Denn wir dürfen nicht vergessen: das Investment in eine Immobilie soll sich aus der Perspektive der Betreiber:innen rentieren. Da buttert jemand Engagement, Geld und Zeit hinein und hat die Hoffnung, dass dieses Investment sich lohnt. Der Gewinn ist in der rechten Logik nicht finanziell, sondern politisch durch neue Mitglieder, Einflussgewinnung etc..

Eine destruktive Zielogik will die Kosten des Investments erhöhen und den erwarteten politischen Gewinn reduzieren, indem die Arbeit möglichst erschwert oder verhindert wird. Die destruktive Ziellogik muss darüber hinaus mit einer konstruktiven Ziellogik verzahnt werdem. So wie ich die Rechten demobilisieren will, möchte ich andersherum die Gesellschaft vor Ort mobilisieren, einbinden und im besten Fall Resilienzen schaffen.

Ein ganz praktisches Beispiel: Die rechten Betreiber der Fassfabrik planten nach dem Einzug einen regelmäßigen rechten Stammtisch ins Leben zu rufen. Mit dem Ziel, Raumnahme zu betreiben und Menschen aus der Stadt- und Dorfgesellschaft für sich zu gewinnen. Die sollten halt hinkommen, ihr Bier trinken und mit den Rechten ins Gespräch kommen. Uns war es wichtig, einzuschreiten und dafür Sorge zu tragen, dass die Teilnahme an dem Stammtisch für potenziell Interessierte unattraktiv, weil unangenehm wird. Es sind also nicht-rechte Menschen zu diesem Stammtisch hingegangen und haben versucht, an dieser Veranstaltung teilzunehmen bspw. um kritische Fragen zu stellen. Das fand die örtliche AfD, die diese Immobilien ins Leben gerufen hat, nicht besonders gut. Der ursprünglich als öffentliche Veranstaltung vorgesehene Stammtisch wurde deshalb sehr schnell zur internen Veranstaltung erklärt, womit aber auch die Offenheit für potenziell interessierte Menschen beendet wurde. Das war dann auch die letzte Veranstaltung dieser Art, die stattgefunden hat. Bei dieser Aktion wurde die weitere Zivilgesellschaft wenig eingebunden.

Wesentlich intensiver bezogen wir die Zivilgesellschaft bei Aktivitäten der Aufklärung ein. Wir sind an Menschen herangetreten und erklärten ihnen bzw. haben versucht nahezulegen, warum diese rechte Immobilie ein Problem für alle vor Ort ist.

Am wirksamsten stellte sich heraus, dass Hachenburg sich als eine Art Kulturhauptstadt im Westerwald versteht. Mit einer großen traditionellen Kirmes, vielen Geschäften und viel Tourismus. Das haben wir genutzt und in verschiedenen Formaten vorgeführt, was passiert, wenn man beispielsweise „Kloster Veßra“ googelt. Wenn man das macht, wird man nämlich nicht auf den schönen historischen Stadtkern von Veßra hingewiesen, sondern auf Tommy Frenck. Einen bundesweit bekannten Neonazi, Gastwirt, Rechtsrock-Konzertveranstalter und Neonazi-Merchandise-Unternehmer. Der hatte in Veßra eine Immobilie und ein Gasthaus eingerichtet.

Kurzum: Eine Immobilie kann dazu führen, dass ein Ort und eine Region, die doch durchaus interessant ist für Tourismus, sehr schnell ausschließlich oder überwiegend als „Nazi-Dorf“ identifiziert wird. Damit konnten wir Menschen gut überzeugen, die nicht aus antifaschistischer oder demokratischer Motivation gesagt haben, wir finden Nazis blöd, sondern die in erster Linie Geschäftsinteressen hatten.

Und das war der Punkt, an dem auch wir gelernt haben, Menschen einzubinden, die nicht zwangsläufig unsere Motivation teilen, sondern mit denen wir Schnittmengen von Interesse haben –wenn auch vielleicht aus verschiedenen Motivationslagen heraus.

BIHoff: Das was du beschrieben hast, nennst du in deinem Beitrag „mit der Zivilgesellschaft über Bande spielen“. Interessengemeinschaften – auch punktuell – bilden und so mehr oder weniger indirekt Druck aufzubauen, wo die Zivilgesellschaft keine formalen Hebel hat. Was können und sollten Kommunalpolitik und -verwaltung aus euren Erfahrungen lernen?

SZahn: Zivilgesellschaft, staatliche Institutionen und wirtschaftliche Unternehmen bzw. Akteure bilden jeweils eigene Sphären. Sie sind deshalb auch unterschiedlich anzusprechen, haben verschiedene Interessen und Anknüpfungspunkte. In meiner Arbeit habe ich die Annahme vertreten, dass Zivilgesellschaft eigentlich alles und gar nichts kann, weil die Zivilgesellschaft keinen direkten Einfluss auf irgendetwas hat. Sie hat keine verankerten Entscheidungsbefugnisse. Doch dadurch, dass die Zivilgesellschaft dem Grunde nach aus allem und jedem besteht, der oder die sich zugehörig fühlt, verfügt die Zivilgesellschaft über Einfluss durch Netzwerke. Denn man hat Kontakte überall hin und – klug genutzt - auch Möglichkeiten in alles hinein. Daraus entstand ein Ressourcenansatz in dem Sinne, dass die Zivilgesellschaft sich dieser Ressourcen, die sie konkret vor Ort hat, bewusst wird und z.B. beginnt, mit Gewerbetreibenden vor Ort ins Gespräch zu kommen.

Zum Beispiel mit Unternehmen die für ein Rechtsrock-Konzert die Dixie-Toilettenwagen bereitstellen. Diese Unternehmen kann man darauf hinweisen, dass es wirtschaftlich nachteilig sein kann, wenn man als Unterstützer von Rechtsrock-Konzerten öffentlich wahrgenommen wird.

Die Zivilgesellschaft kann Druck aufbauen, sie kann Öffentlichkeit schaffen und sie kann nutzen, dass Menschen überall tätig sind und überall Einfluss nehmen können.

BIHoff: Mir ist aufgefallen, dass die Rechten durchaus sehr konzentriert, sehr strategisch vorgehen bei der rechten Raumnahme und ihrer Suche nach geeigneten Immobilien. Demgegenüber erscheint mir, dass die betreffende örtliche Zivilgesellschaft in Fällen rechter Raumnahme immer wieder von Neuem anfängt. Es scheint wenig Vernetzung zu geben und wenig Übersicht darüber, wo rechte Raumnahme stattfindet, geplant ist und insbesondere welche Gegenstrategien erfolgreich waren. Quasi ein Methodenkoffer gegen rechte Immobilien. Was würdest du als einen Erfolg im Umgang mit rechtsextremer Raumnahme sehen und was empfiehlst du an Vernetzung?

SZahn: Der größte Erfolg, den ich mir gegenwärtig vorstellen könnte, wäre eine übergreifende Erkenntnis, dass extrem rechte Raumnahme in Form von Immobilien in den kommenden Jahren massiv an Bedeutung gewinnen wird. Die extreme Rechte ‒ das sieht man in Publikationen des Vorfelds und in Forderungen an die Parteien und Strukturen ‒ fordert, dass die aktuellen Höhenflüge genutzt werden, um solche Orte zu etablieren. Damit selbst für den Fall, dass die Wahlergebnisse mal wieder schlechter ausfallen, die Szene räumlich verankert bleibt und Einfluss nehmen kann.

Weil u.a. die AfD über ihr Vorfeld dazu beiträgt, dass immer mehr Immobilien entstehen, wäre es enorm wichtig, dass die Zivilgesellschaft sich dessen bewusst wird und einen strategischen Fokus darauf legt.

Ohne antifaschistisches Engagement geringzuschätzen, würde ich als Person und würden wir als Verein sagen, dass das wichtige Engagement gegen rechte Parteitage, auf die sich monatelang vorbereitet wird, um dann an einem einzigen Tag symbolische Erfolge zu erzielen, unter dem Aspekt der Ressourcenökonomie zu betrachten ist. Oftmals haben die Beteiligten an Blockaden von Nazi-Parteitagen anschließend ewig lange Zeit mit Antirepressionsarbeit zu tun und kommen wirklich ausgebrannt aus dem Engagement heraus. Wir sollten deshalb ehrlich diskutieren, ob dieses wahnsinnig gute und wichtige Engagement nicht effektiver in die langfristige und kleinteilige Arbeit gegen extrem rechte Immobilien vor Ort investiert werden sollte.

Weil die Rechten dort wirklich etwas zu verlieren haben. Wie ich bereits sagte, ist eine extrem rechte Immobilie mit Investitionen verbunden – finanziell und persönlich. Wenn das verloren geht, dann ist das schmerzhaft. Für den Moment aber auch langfristig, weil eine Chance verloren geht für die extreme Rechte, sich an einem weiteren Ort zu verwurzeln. Und die antifaschistische, die demokratische Zivilgesellschaft kann einen Sieg feiern, der über das Symbolische hinausgeht. Da können wir wieder ins Gewinnen kommen und Erfolge feiern, die langfristig wirken. Deswegen wäre eine solche Erkenntnis für mich ein wichtiger Punkt.

Und wenn ich mir dann noch etwas wünschen dürfte, wäre es eine übergreifende Vernetzung und ein stattfindender strategischer Diskurs zu diesem Thema. Denn es gibt bereits wichtige Erfahrungen und auch viele Erfolge auf denen aufgebaut werden kann.

 

Demokratisches Bodenrecht: Der Vorschlag eines kommunalen Genehmigungsvorbehalts gegen rechtsextreme Raumnahme

Dr. Jens Vorsteher ist Rechtsanwalt in Berlin mit einem Schwerpunkt auf Immobilienrecht. In Heft 3/2025 der Zeitschrift  »Kritische Justiz« befasste er sich im Aufsatz »Rechtliche Reaktionen auf rechtsextremistische Raumnahme. Der Vorschlag eines Genehmigungsvorbehalts als bodenrechtliches Instrument« mit zu schaffenden Rechtsgrundlagen, die es Kommunen und Staat ermöglichen würden, dem rechtsextremen Agieren entgegenwirken zu können.

BIHoff: Sie sprechen in Ihrem Aufsatz von rechtsextremistisch begründeter Raumnahme als einem bodenpolitischen Agieren. Was genau verstehen Sie darunter und warum ist dieses Vorgehen so wirkungsmächtig für die betroffenen Gemeinden?

JVorsteher: Es ist wichtig zu verstehen, dass Rechtsextremismus nicht nur einfach in den Gemeinden verortet ist, sondern dass Rechtsextremismus die Orte in der Gemeinde für die eigene politische Agenda nutzt.

Rechtsextremistisch begründete Raumnahme meint also, dass Rechtsextremistinnen sich materiell und rechtlich Orte aneignen. Diese Orte können dann, weil sie als abgrenzbare Räume gedacht werden, ausgrenzend eingesetzt werden.

Um das weiter zu veranschaulichen: wenn nun also Stadtplaner:innen möglichst inklusive Räume schaffen wollen, z.B. durch Barrierefreiheit, dann wollen Rechtsextremistinnen das genaue Gegenteil. Sie wollen exklusive Räume für eine möglichst homogene Bevölkerung erreichen. Denn nur so funktionieren Orte als Anknüpfungspunkte für ihre rechtsextremistische Ideologie. Das ist das Narrativ einer vermeintlichen kollektiven räumlichen Identität. Stichworte sind dabei z.B. „Blut und Boden“ oder auch „Deutschland den Deutschen“.

Weil an diesen Orten Vielfalt auch der Meinungen abgelehnt wird, besteht dann die Gefahr, dass mehr oder weniger subtil rechtes Gedankengut normalisiert wird und sich gegenseitig verstärkt. Das ist in Gemeinden wirkmächtig und kontrovers, weil diese Orte für die einen Fluch sind und für die anderen Segen sein können. Sie wirken für Minderheiten brutal ausschließend.

Sie können aber gleichzeitig, gerade in strukturschwachen Regionen für Menschen auch offen oder gar einladend wirken.

BIHoff: Sie argumentieren in ihrem Aufsatz, dass rechtsextreme Raumnahme sowohl ein sicherheitspolitisches als auch ein bodenrechtliches Problem sei. Das heißt also, obwohl Menschen rechtsextreme Räume positiv assoziieren können, sehen Sie, Herr Dr. Vorsteher, rechtsextrem genutzte Immobilien eher kritisch. Und sie argumentieren, dass das demokratische Bodenrecht selbst in Gefahr gerät. Was meinen Sie mit einer demokratischen Bodenrechtsordnung?

JVorsteher: Dabei lege ich vor allem ein modernes Demokratieverständnis an. Das heißt ein Demokratieverständnis, das auch Minderheiten einschließt. Wenn das Baugesetzbuch formuliert, dass es der Sicherheit der Wohnbevölkerung dienen soll, sozial stabile Bewohnerstrukturen fördern möchte und die sozialen Bedürfnisse auch dieser Bewohner unterstützen möchte, dann gilt das für alle Bewohner:innen und nicht nur für diejenigen, bei denen Rechtsextremist:innen denken, dass sie das vermeintlich verdient hätten.

Den Angriff auf dieses Verständnis beschreibe ich als ein bodenrechtliches Problem, das zu Ausgrenzung und Segregation führen kann. Das sind zunächst abstrakte Missstände, die man auch aus dem Planungsrecht kennt. Deswegen können die auch mit den Mitteln des Planungsrechts angegangen werden.

Wichtig ist es zu erkennen, dass Rechtsextremismus alle Ebenen nutzt, um einen Angriff auf die Demokratie zu vollführen. Weshalb ihnen auch auf allen Ebenen des Bauplanungsrechts begegnet werden muss.

BIHoff: Aus meiner durch Thüringer Erfahrungen gespeisten Perspektive versuchten wir an verschiedenen Stellen, insbesondere mit dem Denkmalschutzrecht gegen rechtsextreme Raumnahme vorzugehen. Das ist uns in Teilen gelungen, in anderen Teilen nicht.

Sie beschreiben in ihrem Aufsatz, dass die bisherigen Instrumente, das Denkmalschutzrecht, das ich angesprochen habe, aber auch das Bauordnungsrecht oder kommunale Vorkaufsrechte kaum greifen. Wo liegen die Schwächen der derzeitigen rechtlichen Möglichkeiten von Kommunen, sich gegen rechtsextreme Raumnahme zu wehren?

JVorsteher: Ich denke, das Problem liegt schon darin, wie Sie es angesprochen haben, dass es eben manchmal funktionieren kann und an anderen Stellen nicht. Das liegt daran, dass die von Ihnen beschriebenen Instrumente nicht Rechtsextremismus-Abwehr oder dergleichen als Ziel verfolgen, sondern eben den Denkmalschutz oder den Brandschutz. Darüber hinaus hängt es stark vom Zufall ab, ob die Voraussetzungen dafür vorliegen oder nicht.

Das heißt, wenn eine Gemeinde, einen Ort erkennt, an dem sich Rechtsextremismus verstetigt und verstärkt, steht die Gemeinde zunächst erstmal allein da. Denn ihnen steht keine rechtliche Handhabe zur Verfügung, weshalb die Gemeinde kreativ werden und Gründe finden muss, warum sie eingreift, wie z.B. den Denkmalschutz, Brandschutz etc. Das wirkt dann natürlich zu Recht vorgeschoben, auch wenn das jetzt an der Rechtmäßigkeit der Maßnahmen erstmal nichts ändert.

Insofern wäre es natürlich schön, nicht vom Zufall abhängig zu sein, ob man Rechtsextremismus etwas entgegensetzen kann, sondern weil der Gesetzgeber sich bewusst dazu entschieden hat, dass ein Eingreifen ermöglicht sein soll.

BIHoff: Ich finde den Gedanken deshalb auch interessant, weil ich an verschiedenen Stellen festgestellt habe, dass Immobilien-Eigentümer, wenn sie eine Immobilie verkaufen wollen, es durchaus auch als ein Instrument der Preiserhöhung nutzen, der Kommune mit dem Verkauf an Rechtsextremisten zu drohen. Und auf diese Weise Druck auf die Kommune zu machen, die Liegenschaft zu erwerben. Die Gefahr der rechtsextremen Raumnahme ist auch ein Spekulationsinstrument. Insofern finde ich es interessant, dass Sie in Ihrem Beitrag einen sogenannten kommunalen Genehmigungsvorbehalt vorschlagen. Das heißt, ein neues Instrument im Baugesetzbuch ‒ das haben Sie schon angedeutet ‒ das an den Verkauf oder die Vermietung von Immobilien an rechtsextreme Akteure anknüpft. Wie würde ein solcher Genehmigungsvorbehalt konkret funktionieren?

JVorsteher: Der Vorteil bei einem Genehmigungsvorbehalt ist, dass er, anders als ein Vorkaufsrecht, gerade nicht voraussetzt, dass die Gemeinde Geld hat, einen Kauf zu finanzieren. Sondern beim Genehmigungsvorbehalt besteht die Ausgangslage darin, dass die Gemeinde einfach „Ja“ oder „Nein“ zu dem Ankauf oder der Anmietung sagen kann.

Und nur als letztes Mittel, wenn dem Verkäufer wirklich unzumutbar ist, aus wirtschaftlicher Sicht, dass kein anderer Käufer gefunden wird, dann müsste die Gemeinde tatsächlich doch kaufen oder eben die Genehmigung erteilen. Das heißt, man hat zunächst den Schritt, den Verkäufer dazu zu „nötigen“, dass er sich nach anderen Käufern umschaut.

Gleichzeitig ist es mir wichtig zu betonen, dass der Genehmigungsvorbehalt an sich kein neues Instrument ist. Das gibt es bereits für Gemeinden, und zwar für sogenannte städtebauliche Missstände. Neu ist bei meinem Vorschlag ist, dass ich vorschlage, diesen Genehmigungsvorbehalt eben auch für soziale Missstände einzusetzen, die aufgrund von Rechtsextremismus entstehen.

Und das sind nach meinem Verständnis einschlägige Straftaten und Ordnungswidrigkeiten, aber ebenso nachweisbare Entwicklungen in der Bewohnerstruktur, also der Wegzug von Vielfalt und ein Entstehen einer sehr homogenen Bevölkerungsstruktur.

Mit diesem Genehmigungsvorbehalt soll der Gemeinde ein Kontrollinstrument zur Verfügung gestellt werden, mit dem sie „Ja“ oder „Nein“ zu der Anmietung oder dem Ankauf von Immobilien sagen kann.

BIHoff: Rechtsextremisten und autoritäre Populist:innen wollen unsere Demokratie zerstören, doch sie sind gleichzeitig sehr schnell dabei, den Rechtsstaat für ihre Interessen einzuspannen und rechtlich gegen Schritte vorzugehen, von denen sie meinen, dass sie ihre Rechte einschränken.

Ihr Vorschlag klingt zunächst erstmal nach einem vergleichsweise starken Eingriff in Eigentums- und Vertragsfreiheit. Wie lässt sich dieser Eingriff rechtlich und vor allem verfassungsrechtlich rechtfertigen? Wie müsste ein solcher Genehmigungsvorbehalt ausgestaltet sein, der den Gemeinden tatsächlich hilft, ohne in die Gefahr zu geraten, dass Grundrechte verletzt werden oder dass ein solches Instrument auch missbraucht wird?

JVorsteher: Zunächst ist es wichtig festzustellen, dass es sich tatsächlich um ein grundrechtssensibles Thema handelt. Ich denke aber hier, dass bei der Eigentums- und Vertragsfreiheit insbesondere der Eingriff nicht unverhältnismäßig ist, angesichts der Missstände, die für die Stadtentwicklung aus rechtsextremen Immobilien folgen können.

Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Anwendungsbereich für so einen Genehmigungsvorbehalt räumlich sehr stark begrenzt werden muss, so wie ich es vorschlage, und er eben wirklich nur für Vertragspartnerinnen gelten soll, bei denen der Verfassungsschutz nachweislich festgestellt hat, dass verfassungsfeindliche Bestrebungen verfolgt werden.

Das heißt, dem Eigentümer ist unbenommen, Verträge mit Personen abzuschließen, die keine Rechtsextremist:innen sind. Und die Rechtsextremist:innen können weiterhin Verträge schließen, wo es nicht bereits soziale Missstände durch die Akkumulation von rechtsextremistischem Agieren gibt.

Das Grundgesetz ist aber in der Tat strenger, wenn es um die Freizügigkeit der Rechtsextremistinnen geht. Also, wo ich meinen Wohnsitz wähle.

Und deshalb ist bei meinem Vorschlag für den Genehmigungsvorbehalt von der Gemeinde immer eine Genehmigung zu erteilen, wenn es um die Wohnnutzung der Rechtsextremist:innen geht. Das heißt, der Genehmigungsvorbehalt gilt insbesondere für Gast-, Bildungs- und sonstige Veranstaltungsstätten und wenn strategisch Immobilien erworben werden, um sie gegebenenfalls zukünftig für die Wohnnutzung anderer zu benutzen. Doch für die eigene Wohnnutzung ist stets eine Genehmigung zu erteilen.

Schließlich ist der Genehmigungsvorbehalt grundrechtssensibel, weil das alles nur funktioniert, weil der Verfassungsschutz Informationen zur Verfügung stellt. Doch da würde ich sagen, ist der Eingriff deswegen zu rechtfertigen, weil ja nur Informationen weitergegeben werden, wenn in der Tat welche beim Verfassungsschutz vorhanden sind und die für sich entschieden haben, okay, hier liegen verfassungsfeindliche Bestrebungen vor uns.